Geschichte des Fläminglaufes

Die Geschichte des Fläminglaufes

In Vorbereitung auf den 6. GutsMuths-Rennsteiglauf 1978, an dem ca. 15 Wittenberger Läufer teilnehmen wollten, kamen im Frühjahr 5 Sportfreunde und Arbeitskollegen des VEB Stickstoffwerke Piesteritz überein, eine Strecke festzulegen, auf welcher sich alle Teilnehmer einem Test unterziehen konnten. Die Strecke sollte dem Charakter des Rennsteigs ähneln – natürlich entsprechend den territorialen Gegebenheiten – und überwiegend auf Wald- und Feldwegen mit Höhenunterschieden verlaufen, denn für viele war der Rennsteig im Thüringer Wald Neuland.

Die Idee des Streckenverlaufes kam vom damaligen Sektionsleiter Wandern-Bergsteigen und Orientierungslauf (WBO) der BSG Chemie Piesteritz, Eckhard Naumann – damals der eifrigste Wittenberger Starter über den langen Kanten, die 65 km – dem späteren langjährigen Oberbürgermeister der Lutherstadt Wittenberg von 1990-2015. Die Länge der Teststrecke betrug etwa 33 km. Sie verlief vom Volkspark über Reinsdorf-Dobien, Grüntal-Mühle, Grabo, Berkau, Weddin, Jahmo, Mochau wieder zur Grüntal-Mühle und von dort zum Volkspark.

Am 10. Mai 1978, einem Mittwochnachmittag, war es soweit: insgesamt 17 Läufer trafen sich, um an diesem Testlauf teilzunehmen. Es waren u.a. Eckhard Naumann, Lothar Matthes, Manfred Hillert, Klaus Roh, Rainer Schultz, Siegfried Marschner, Siegfried Rölke (ϯ2022), Klaus Schübel, Horst Schläfer (ϯ), G. Berger und Klaus-Jürgen Roh. Ein kleiner Verpflegungspunkt war in Mochau errichtet, organisiert von den Ehefrauen Monika Naumann und R. Martin.

10 Teilnehmer liefen 33 Kilometer, weitere 7 Läufer testeten sich auf einer kürzeren, von Grabo direkt nach Mochau, führenden Strecke über ca. 25 km. Den langen Kanten bewältigte Eckhard Naumann am schnellsten (2:10:06 h), dahinter kamen Rainer Schultz (2:24:39 h) und Lothar Matthes (2:28:12 h) auf die Plätze.

Eines der wenigen bekannten Fotos vom 1. Fläminglauf zeigt die drei Athleten vereint laufend am Stadtwald nach ca. 2 Kilometern.

Beim anschließenden Zusammensein und der Auswertung des Laufes wurde die Idee geboren, in Zukunft als Vorbereitung auf den Rennsteiglauf diesen Lauf in den Hohen Fläming ständig durchzuführen und somit einen Höhepunkt in der Laufbewegung des Kreises Wittenberg zu schaffen.  Ein von Rainer Schultz verfasster Kurzbericht über diesen Lauf erschien darauf im landesweit bekannten „Sportecho“ und benutzte erstmals die Bezeichnung „Fläminglauf“!

Die Organisation des 2. Laufs, nun unter der offiziellen Bezeichnung „Fläminglauf“, übernahmen die Sportfreunde Herbert-G. Auer (ϯ2016), Siegfried Marschner (Gesamtleiter bis zur 26. Austragung im Jahr 2003), Eckhard Naumann, Horst Schläfer und Lothar Matthes, welcher bis zum Jahr 2017 als einziger Teilnehmer alle Läufe bestritt. Unterstützt wurden die Organisatoren tatkräftig durch die Redaktion der Betriebszeitung des ehemaligen Stickstoffwerkes Piesteritz „Der Ansporn“ mit Chefredakteur Reinhard Müller. Ab 1980 stellte diese auch die Siegerpokale und Preise bereit; erste Pokalgewinner wurden Martin Deparade (Wettin – über 35 km) und Eberhard Busch (Dresden) über die 25 km.

Die Sportfreunde Rainer Schultz (ESV Lok Wittenberg und Presseverantwortlicher), Siegfried Marschner (Gesamtleiter) und Herbert-G. Auer (Abteilungsleiter, beide Chemie Piesteritz) 1980 vor dem Start eines Straßenlaufes an der Karl-Marx-Schule

In der Folge entwickelte sich der Lauf zu einer festen Größe im Laufkalender; nach 17 Starter beim ersten Lauf waren es 1979 bereits 70 und im Jahr darauf schon 230 Teilnehmer. Beinahe 500 Starter wurden es dann 1989, als der „Fläminglauf“ zu einem der damaligen DDR-Ranglistenläufe erhoben wurde.

Bereits im Jahr 1986 wurde der Zieleinlauf von Zeitmessung per Hand auf rechnergestützte Zeitmessung umgestellt. Mit dem 10. Fläminglauf am 26. April 1987 kam zur 25 Kilometer Strecke eine kürzere Distanz über 12 km hinzu. Dafür strich der Veranstalter ab 1983 den langen Kanten über 33 km, da der organisatorische Aufwand einfach zu groß war und somit die 25 Kilometer zum Hauptlauf deklariert wurden.

Ab 1991 konnte die damalige Streckenführung aufgrund des erheblichen gestiegenen Mehraufwandes nicht mehr genutzt werden. Eine neue Strecke wurde gesucht. Zwischen 1992 und 2004 führte die Strecke über Reinsdorf, um den Gallunberg (137 m), den Arnsberg, entlang des Grieboer Baches nach Möllensdorf und über den Gallun zurück zum Volkspark. Dieser Streckenverlauf wurde allgemein als schwieriger als der ehemalige Verlauf eingeschätzt; die Bestleistungen beweisen es. Diese sind:

25 km:

Männer 06.04.1999 Thomas Schacht (MTC Magdeburg)   1:26:22 h – 2001 tödlich verunglückt

Frauen  18.04.2003  Sabine Willberg (VLG 91 Magdeburg) 1:42:20 h

12 km:

Männer 29.03.2002  Michael Schering (SC Magdeburg)       39:06 min

Frauen  29.03.2002  Tanja Semjonowa (SAL Leipzig)          45:54 min

Einer langen Tradition folgend fand der Fläminglauf bis 2004 immer am Karfreitag statt. Danach waren die Grün-Weißen „Dank“ des Feiertagsgesetzes von Sachsen-Anhalt gezwungen, einen anderen Termin zu suchen, was sich sofort im Rückgang der Teilnehmerzahlen bemerkbar machte. Für die Zukunft hoffen wir immer noch, wieder zum alten Termin zurückkehren zu können.

Seit 2013 findet nun der Fläminglauf am 1. Mai seine Fortsetzung. Dem allgemeinen Trend nach kürzeren Strecken folgend hat die Abteilung Leichtathletik des SV Grün-Weiß Wittenberg-Piesteritz um Gesamtleiter Norman Güldner diesem Rechnung getragen.

Folgende Distanzen stehen im Angebot:

– eine 2 km-Strecke für den Nachwuchs durch den Volkspark

– eine 5 km-Strecke für Laufanfänger und Nordic Walking

– eine 10 km-Strecke bis zum Gallun und zurück

– als Königsstrecke der Halbmarathon

Hier trennen sich am Gallunberg bei Kilometer 5 die Wege mit den 10 km-Läufern, während die Halbmarathonis vom Gallun Richtung Apollensdorf-Nord an der Gedenkstätte vorbei in Richtung Möllensdorf eine Schleife zum Gallun insgesamt zweimal bewältigen müssen, bevor der Rückweg zum Volkspark erfolgt.

Pünktlich zur 40. Austragung eines der bedeutendsten Laufveranstaltungen in der Region wurden viele Zeitzeugen befragt, private Archive durchstöbert, alte Fotos, Urkunden und Zeitungsberichte zur Verfügung und zugleich digitalisiert, so dass auch in den nächsten Jahren voller Stolz, aber auch mit Wehmut, zurückgeschaut werden kann.

Wünschen wir dem FLÄMINGLAUF, seinen Gestaltern, seinen unzähligen ehemaligen Aktiven und seinen aktuellen wie zukünftigen Aktiven dazu alles Gute.

Stand: 22.03.2023